Reiseabbruch: Panikattacke bei Reiseantritt

Kammergericht Berlin, Urteil vom 22. 12. 2017 (Az.: 6 U 81/17)

Zusammenfassung

Ein Reisender muss schlüssig nachweisen können, dass er eine Reise wegen einer unerwartet schweren Erkrankung abgebrochen hat. Andernfalls hat er keinen Anspruch auf Leistungen aus einer Reiseabbruchversicherung.

1. Ausgangslage

Eine Familie buchte eine Kreuzfahrt „Arktischer Polarsommer auf Grönland und Island“. Als sie das Schiff betraten, geriet einer der Söhne nach Angaben des Familienvaters in Panik. Der Junge habe zunächst überhaupt nicht auf das Schiff gewollt und dann in der Kabine angefangen zu schluchzen. Er habe sehr schnell geatmet und wie paralysiert gewirkt.
Die Eltern gingen von einer massiven Panikattacke ihres Sohnes aus, verließen das Schiff und brachen die Reise ab. Allerdings suchten sie weder den Schiffsarzt, noch einen anderen Arzt an Land auf. Erst mehrere Tage nach dem Abklingen schilderten sie die Symptome der Hausärztin.
Es bestand eine Reiseabbruchversicherung, die Kosten eines Reiseabbruchs bedingungsgemäß wegen einer unerwartet schweren Erkrankung eines Reiseteilnehmers übernahm. Bei dem Reisversicherer machte der Familienvater Ansprüche in Höhe von 8.000 Euro geltend.

2. Die Klage

Der Vater verklagte den Reiseversicherer auf Übernahme der Reiseabbruchskosten in Höhe von 8.000 Euro.

3. Das Urteil

Die Klage wurde in zweiter Instanz vom Kammergericht Berlin abgelehnt. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

4. Die Begründung

Die Richter hielten die Klage für unbegründet. Beansprucht ein Versicherungsnehmer bei Reiseabbruch Leistungen wegen einer unerwartet schweren Erkrankung, so muss er beweisen, dass eine solche Erkrankung auch vorliegt.
Diesen Beweis hat der Vater nicht erbracht: Allein die Behauptung, dass der Sohn nicht auf das Schiff wollte und in der Kabine geweint und schnell geatmet habe, sei noch kein Beweis für eine Panikattacke. Das Gericht war der Meinung, die Tatsache, dass die Eltern während des Anfalls weder den Bordarzt riefen, noch nach Verlassen des Schiffes medizinische Hilfe in Anspruch nahmen, spricht eher gegen eine Behandlungsbedürftigkeit.
Eine psychologische Sachverständige des Gerichts ging ebenfalls davon aus, dass der Sohn keine Panikattacke erlitten hatte. Denn bei einer solchen Attacke würden die Betroffenen selbst und auch Außenstehende in der Regel eine körperliche Ursache für den Krankheitszustand vermuten. Das führe normalerweise dazu, einen Arzt zu rufen, was aber in diesem Fall niemand getan habe.
Nach Ansicht des Gerichts liegt keine schwere Erkrankung im Sinne der Versicherungsbedingungen vor, wenn durch eigenes Verhalten Heilung eintritt oder  sich die Krankheitsbeschwerden soweit mindern lassen, dass die Reise zumutbar ist. Die Familie habe aber nichts unternommen, eine solche Maßnahme zu ergreifen. Sie hätten weder den Schiffsarzt gerufen, noch den Sohn durch einen anderen Arzt untersuchen lassen. Der klagende Vater sei daher den Beweis für die behauptete unerwartete schwere Erkrankung seines Sohnes schuldig geblieben. Er muss daher die Kosten für den Reiseabbruch selbst tragen.

Alle Entscheidungen dienen der Information und stellen keine Rechtsberatung dar. Die Darstellung der Gerichtsurteile erfolgt ohne Gewährleistung, Ansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.

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