Rücktrittserklärung wirksam bei Buchung vor Pandemie mit nachfolgender Reisewarnung

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 09.04.2021 (Az.: 502 C 12946/20)

Zusammenfassung

Fordern Reisende eine Rücktrittserklärung für ihre vor der Corona-Pandemie gebuchte Reise, ist diese wirksam, wenn während der Erklärung eine Reisewarnung besteht.

1. Ausgangslage

Ein Reisender buchte am 02.01.2020 über ein Reiseunternehmen, noch vor Beginn der Corona-Pandemie, eine Pauschalreise mit Abflug von Frankfurt nach Hurghada und zurück, für seine Ehefrau und sich, im Zeitraum vom 25.12.2020 bis 08.01.2021. Der Betrag für die Reise in einem Hotel der Stadt El Quseir beläuft sich auf insgesamt 2.060,00 €. Eine solche Entstehung einer Pandemie mit erheblichen Ausmaß war zu dem Zeitpunkt der Buchung nicht vorhersehbar gewesen. Die Rücktrittserklärung ereignete sich während der Gültigkeit einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Der Reisende zahlte nach Vereinbarung mit dem Reiseunternehmen, eine Anzahlung in Höhe von 515,00 €. Der Kläger ordnete mit einem Schreiben vom 15.09.2020 einen Rücktritt vom Pauschalreisevertrag an. Dies begründete er mit den durch die Corona-Pandemie veranlassten außergewöhnlichen Umstände. Dem Kläger wurde vom beklagten Reiseunternehmen, bezugnehmend auf die niedergelegten Stornobedingungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, eine Stornorechnung über 824,00 € in Rechnung gestellt. Daraufhin beauftragte der Kläger einen Rechtsanwalt, welcher mit Schreiben vom 19.11.2020 eine Rückzahlung der geleisteten Anzahlung anordnete und die Gegenforderung der Stornokosten ablehnte.

2. Die Klage

Der Reisende verklagte das Reiseunternehmen auf die Rückzahlung einer Anzahlung für die gebuchte Reise nach Ägypten, in Höhe von 515,00 €.

3. Das Urteil

Das Amtsgericht Hannover gab dem Kläger Recht. Das Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig. Es liegen den Gerichten zahlreiche Klagen vor, die die Frage zum Gegenstand haben, ob bei einem Rücktritt im Zusammenhang mit der Pandemie die Voraussetzungen des § 651 h Abs. 3 BGB gegeben sind. Es wurde eine Berufung wegen uneinheitlicher Rechtsprechung zugelassen.

4. Die Begründung

Nach § 651 h Abs. 5 BGB hat der Kläger einen Anspruch auf die Rückzahlung der Anzahlung, da er vom Vertrag zurückgetreten ist und das Reiseunternehmen dadurch keinen Anspruch mehr auf den vereinbarten Reisepreis hat, § 651 h Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB. Gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BGB darf das Reiseunternehmen vom Kläger keine Zahlung einer pauschalen Entschädigung in Höhe der geleisteten Anzahlung, in Verbindung mit der niedergelegten Stornoklausel in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen fordern. § 651 h Abs. 3 BGB legt fest, dass das Reiseunternehmen keine Entschädigung beanspruchen kann, wenn am Ort der Bestimmung oder in unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die den Aufenthalt der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort beeinträchtigen. Ein weiterer Grund, stellt die in der Sachlage bestehende Reisewarnung vom Auswärtigen Amt, für das Land Ägypten, zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung dar. Die behördlichen Anordnungen würden zu einer Beeinträchtigung der Reise führen und waren absehbar. Die Intention eines Erholungsurlaubs wäre dadurch nicht realisierbar. Die Auswirkungen aufgrund der Pandemie stellen demnach einen Reisemangel dar. Deshalb ist die Aussage des Reiseunternehmens, die pandemiebedingten Auswirkungen gehörten zum allgemeinen Lebensrisiko und seien kein Reisemangel, nicht beachtlich.

Alle Entscheidungen dienen der Information und stellen keine Rechtsberatung dar. Die Darstellung der Gerichtsurteile erfolgt ohne Gewährleistung, Ansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.

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