Verspäteter Ersatzflug

Verwaltungsgericht Braunschweig, Urteil vom 12.07.2017 (Az.: 2 A 327 bis 332/16, 2 A 334/16, 2 A 335/16)

Zusammenfassung

Annulliert eine Airline einen Flug, muss sie Passagiere entschädigen oder einen Ersatzflug anbieten. Ist auch dieser Ersatzflug erheblich verspätet, muss die Airline eine Entschädigung zahlen.

1. Ausgangslage

Reisende wollten mit Singapore Airlines von Frankfurt nach Singapur und weiter nach Sydney fliegen. Die Fluggesellschaft annullierte den Flug von Frankfurt nach Singapur und bot an, mit einer anderen Gesellschaft zu fliegen. Dieser Ersatzflug mit Lufthansa verzögerte sich allerdings um 16 Stunden. So kamen die Reisenden erst mit einer Verspätung von 23 Stunden in Sydney an. Deshalb verlangten sie eine Entschädigung von Singapore Airlines. Das Amtsgericht verwies sie in der ersten Instanz allerdings an Lufthansa, die den verspäteten Ersatzflug durchgeführt hatte.

2. Die Klage

Die Reisenden verklagten Singapur Airlines auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung.

3. Das Urteil

Die Klage war vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich.

4. Die Begründung

Obwohl Singapore Airlines einen Ersatzflug angeboten hatte, muss die Fluggesellschaft den Reisenden eine Entschädigung wegen der Annullierung des Flugs zahlen. Keine Entschädigung gibt es, wenn die Fluggesellschaft die Reisenden weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit über die Streichung unterrichtet und ihnen einen Ersatzflug anbietet. Mit diesem Ersatzflug dürfen die Reisenden nicht früher als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegen und müssen ihr Ziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreichen. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Reisenden ihr Ziel mit dem Ersatzflug 23 Stunden erreichten. Damit war die zulässige Zwei-Stunden-Grenze weit überschritten. Dass der angebotene Ersatzflug planmäßig nicht mehr als zwei Stunden später als der ursprüngliche Flug angekommen wäre, ändert daran nichts. Die Airline muss den Klägern nun eine Entschädigung in Höhe von jeweils 600 Euro zahlen.

Der Anwalt der Fluggesellschaft hatte in der Verhandlung argumentiert, dass Singapore Airlines nicht mehr tun könne, als einen passenden Ersatzflug zu suchen. Ob dieser pünktlich ankomme, liege nicht mehr in ihrer Hand von Singapore Airlines, deshalb müsse Lufthansa die Entschädigung übernehmen. Die Richter schlossen dies auch nicht aus. Die Reisenden könnten neben dem Anspruch wegen der Annullierung gegen Singapore Airlines auch einen Anspruch wegen der Verspätung gegen die Lufthansa haben. Aber an ihrem Anspruch gegen die ursprünglich gebuchte Airline ändert dies nichts – denn eine Verspätung des Ersatzflugs führt nämlich nicht immer zu einem Ausgleichsanspruch: zum Beispiel etwa wenn die Ersatz-Airline nicht dem Geltungsbereich der Fluggastrechte-Verordnung unterliegt. Die Reisenden würden dann nämlich leer ausgehen.

Alle Entscheidungen dienen der Information und stellen keine Rechtsberatung dar. Die Darstellung der Gerichtsurteile erfolgt ohne Gewährleistung, Ansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.

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